Heiko Hauptmann
CIO BG Kliniken, Berlin
Heiko Hauptmann ist seit 01.09.2021 CIO der BG Kliniken und gleichzeitig Geschäftsführer der BG Kliniken IT Services gGmbH. Er war zuvor stellvertretender CIO der Unternehmensgruppe und Abteilungsleiter IT und Medizintechnik am BG Klinikum Unfallkrankenhaus Berlin.
In seiner aktuellen Rolle treibt Herr Hauptmann federführend die Digitalisierung an insgesamt 12 Standorten voran, um die Versorgungs- und Prozessqualität sowie die IT-Sicherheit bei den Kliniken der gesetzlichen Unfallversicherung weiter zu verbessern. Er verfügt über langjährige Erfahrung im Aufbau digitaler Prozesse und Lösungen im Gesundheitswesen. So hat er unter anderem für Cerner Health Services und den Healthcare-Bereich der Siemens AG gearbeitet.
Drei Fragen an Heiko Hauptmann
1. Wo stehen die BG Kliniken bei der Digitalisierung (KHZG, Plattformisierung…)?
Wir stehen ziemlich gut da. Aber darauf ruhen wir uns natürlich nicht aus. Die im Rahmen des KHZG durchgeführte Erhebung des Digital Radars hat uns bestätigt, im Vergleich mit den Maximalversorgern und Universitätskliniken auf Augenhöhe digital unterwegs zu sein. Wir haben das Zukunftsthema der Digitalisierung schon seit Jahren fest in unseren Unternehmenszielen verankert und streben weiterhin nach einer Innovationsführerschaft in der digitalen Medizin. Dabei halten wir die Balance im Blick: Wir verbessern stetig die bereits bestehende System- und Applikationslandschaft und nutzen deren verfügbare Ausbaustufen. Oftmals sind das die Digitalisierungsprojekte, die unsere Mitarbeitenden in ihrem Arbeitsalltag den greifbarsten Nutzen liefern. Mit sogenannten Quick Wins möchte wir die ungebremste Digitalisierungsbereitschaft unserer Mitarbeitenden erhalten und fördern. Gleichzeitig erproben und bewerten wir ganz neue Technologien. Wir sind neugierig und mutig und reflektiert zugleich. Irgendwo zwischen Tradition und Disruption, zwischen Bismarck und Silicon Valley.
Wir müssen uns nicht verstecken und wollen auch weiterhin den Takt mit vorgeben. Wir sind stolz, Innovationsprojekte treiben zu können. Mit unserem Projekt zur Inbetriebnahme eines digitalen Therapieraumes – der ukb Brain Cloud 1.0 – haben wir zuletzt den Rotthaus Award 2022 im Bereich der Digitalen Innovation gewinnen können und stellen damit die Weichen, in einem unserer Kernleistungsbereiche, der Rehabilitation Schwerstverletzter, eine telemedizinische Versorgung in unterversorgte Regionen entwickeln zu können. Unsere künftige Interoperabilitätsplattform wird hier neue und sichere Wege zur Vernetzung ebenen. Digitalisierung braucht fließende Daten, um individuellen wie gesellschaftlichen Nutzen generieren zu können.
2. Was sind die größten Hürden, was braucht es an (gesetzlichen) Änderungen, damit Sie erfolgreich digitalisieren können?
Es gibt zu viele Hürden. Aber das Wichtigste zuerst: Wir brauchen ganz dringend gut qualifizierte Fachkräfte. Und das nicht nur bei den IT-Experten. Um digitale Anwendungen mit all ihren Möglichkeiten erschöpfen zu können, brauchen wir genauso digital kompetente Anwendende. Klinische Kollegen und Kolleginnen müssen in der Funktion dieser Key User entsprechend freigestellt werden. Sie sind die Change Agents, die für eine breite Nutzung und Akzeptanz sorgen. Schon heute ist es kaum noch möglich junge Kollegen und Kolleginnen auszubilden. Ihre Mentoren stecken bis zum Hals in der Umsetzung der laufenden Digitalisierungsprojekte.
Ein Mehr an Digitalisierung bedeutet eben auch ein Mehr an Abhängigkeit. Wir müssen für eine stabile und zuverlässige IT-Infrastruktur und ein sehr gutes Ausfallmanagement sorgen. Kein Krankenhaus ohne IT-Betrieb und kein IT-Betrieb ohne qualifizierte IT-Fachkräfte.
3. Welche Region bzw. welche Stadt wird im Wettbewerb der Digitalen Gesundheitsstandorte am Ende die Nase vorne haben?
Das wird denen gelingen, die es schaffen, alle wesentliche Akteure miteinander zu vernetzen. Momentan ziehen vor allem die Universitätskliniken und Maximalversorger in großen Städten, große Klinikverbünde voran – weil nur sie über die nötigen finanziellen wie personellen Ressourcen und Kompetenzen verfügen.
Aber wie binden wir die niedergelassenen Ärzte und Ärztinnen, die Rehabilitationseinrichtungen und Pflegeversorgenden erfolgreich ein? Und schaffen es zugleich, digital aufbereitete Informationen nicht nur einfach weiterzureichen, sondern vielmehr in geeigneter Form so zu aggregieren, dass sich das Behandlungsteam zügig mit den wesentlichen Informationen versorgen kann.
Gleichzeitig stellt sich die Frage, wie Patienten und Patientinnen zu fähigen Konsumenten digitaler Gesundheitsanwendungen werden können, ohne Benachteiligung? Laut einer Studie des AOK Bundesverbandes zur digitalen Gesundheitskompetenz aus 2020 wir deutlich, dass „Mehr als die Hälfte der Befragten (52,4 Prozent) […] über eine eingeschränkte digitale Gesundheitskompetenz verfügt“. Digitalisierung, das bedarf vielleicht viel weniger den technologischen Fortschritt als den Menschen, der dessen Nutzen erkennt.