Prof. Dr. Jens Scholz
© axentis.de / Georg J. Lopata

Prof. Dr. Jens Scholz

Erster Vorsitzender Verband der Universitätsklinika Deutschlands e.V. (VUD), Vorstandsvorsitzender, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH), Kiel

  • Seit 2021 Vorsitzender des Verbands der Universitätsklinika Deutschlands e. V. (VUD) 
  • Seit 2015 Vorstandsmitglied des Verbands der Universitätsklinika Deutschlands 
  • Seit 2009 Vorstandsvorsitzender (CEO) des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein 
  • 2009 Executive MBA, Universität St. Gallen, Schweiz 
  • Seit 2006 Mitglied der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina
  • 2000-2009 Direktor und C4-Professor, Klinik für Anästhesiologie und Operative Intensivmedizin, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel 
  • 1996-2000 C3-Professor für Anästhesiologie, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf

 

Wo stehen die deutschen Universitätskliniken im Hinblick auf die Digitalisierung?

Forschung und Versorgung gehen in der Hochschulmedizin Hand in Hand. Aus Patientendaten, die für die Forschung genutzt werden, können neue Therapien entwickelt und anschließend direkt in der Patientenversorgung angewendet werden. Je mehr und je besser medizinische Daten digitalisiert bereitstehen, umso effizienter das Ergebnis. Hier hat sich viel getan und Deutschland kann jetzt bei der Digitalisierung aufholen, denn es gibt endlich die gesetzlichen Grundlagen dafür. Das Digital-Gesetz (DigiG) und Gesundheitsdatennutzungsgesetz (GDNG) wurden verabschiedet. Damit wurden entscheidende Weichen gestellt, die enormes Entwicklungspotenzial freisetzen und auch die besondere Rolle der Universitätsmedizin in Deutschland hervorheben. Durch die bessere Nutzbarmachung von Daten können nun Forschung sowie insbesondere Patientinnen und Patienten erheblich profitieren.
Die Hochschulmedizin sieht in beiden Digitalgesetzen enormes Potenzial. Eine ePA mit Opt-Out ist dabei ein entscheidender Erfolgsfaktor für die Etablierung, auch wenn jetzt die nächste Ausbaustufe der ePA mit der Datenausleitung zu Forschungszwecken erst zum März 2026 erfolgt. Für die Forschung stellen die zukünftig verfügbaren Daten einen großen Schatz dar, an den die Universitätsmedizin hohe Erwartungen knüpft. Zudem sind mit dem Netzwerk Universitätsmedizin (NUM) und der Medizininformatik-Initiative (MII) in der deutschen Universitätsmedizin bereits über alle Standorte hinweg organisatorische Rahmen geschaffen.

Wo sehen Sie die Chancen der Künstlichen Intelligenz – was können wir erwarten, was ist übertrieben?
 
Künstliche Intelligenz (KI) kann und wird als Schlüsseltechnologie das Gesundheitswesen nachhaltig transformieren und Universitätsklinika sind dabei Vorreiter. Die Einsatzmöglichkeiten von KI reichen von präziseren Diagnosen und individuellen Therapieansätzen zum Beispiel bei der Analyse für maßgeschneiderte Behandlung von Patientinnen und Patienten bis hin zu effizienteren Abläufen in Krankenhäusern. Am UKSH haben wir beispielsweise eine Software eingeführt, die Ärztinnen und Ärzte bei klinischen Entscheidungen unterstützen soll. Da werden Hinweise auf potenziell noch nicht diagnostizierte Erkrankungen oder medizinische Komplikationen, individuell für jede Patientin und jeden Patienten gegeben. Die Software nutzt Algorithmen der künstlichen Intelligenz, um Muster für Erkrankungen zu finden oder Hinweise zu möglichen Diagnosen zu generieren. Es können also individuelle Risiken genauer eingeschätzt und dementsprechend Vorsorgemaßnahmen ärztlich angeordnet werden. Diese technologischen Innovationen müssen mit den Bedürfnissen von Patientinnen und Patienten und medizinischen Fachkräften in Einklang gebracht werden. Bei der Implementierung gibt es noch viel zu tun, um die Möglichkeiten der Künstlichen Intelligenz in der Medizin wissenschaftlich zu analysieren und weiterzuentwickeln, sie aber auch für die Versorgung von Patientinnen und Patienten nutzbar zu machen und letztlich auch für die Ausbildung von Medizinerinnen und Medizinern von Morgen zu etablieren. KI wird aber definitiv in Zukunft dazu beitragen, Fachkräfte zu entlasten, Kosten zu senken und letztendlich die Versorgung zu optimieren. Sie wird ein wesentlicher Faktor dafür sein, auch zukünftig Spitzenmedizin für die gesamte Bevölkerung anbieten zu können.

Was muss die nächste Bundesregierung anpacken?

An die Fortschritte und Gesetze für mehr Digitalisierung muss angeknüpft werden. Im GDNG wurden erste Möglichkeiten der Datenverknüpfung geschaffen, die nun ergänzt werden müssen, um auch international nicht den Anschluss zu verlieren. Und wir müssen Interoperabilität sicherstellen. Die Vielzahl an Programmen und die daraus resultierende Heterogenität innerhalb der Systeme führten in der Vergangenheit dazu, dass Kooperationen im Gesundheitswesen erschwert wurden. Das betrifft die Versorgung und die Forschung. Die Digitalisierung und die Standardisierung von IT-Systemen im Krankenhaus muss vorangetrieben werden, damit ein Austausch von Gesundheitsdaten verbessert wird. Und auch die Subsysteme müssen reibungslos kommunizieren können. Hier sind die Hersteller der Programme in der Pflicht oder eben doch der Gesetzgeber aufgerufen, weitergehende Maßnahmen wie Durchsetzungsmechanismen zu prüfen. In den Verfahren der Telematikinfrastruktur ist der Nutzen der unterschiedlichsten Anspruchsgruppen klar in Fokus zu stellen und zu kommunizieren. Die Prozesse müssen Ende-zu-Ende gedacht werden und nicht konzeptionell lediglich bis zur Einrichtungsgrenze. Wir benötigen gebrauchstaugliche Lösungen im klinischen Alltag, damit wir wirklich von der Digitalisierung profitieren und sie auch Akzeptanz bei den Betroffenen findet.

Digitalforum Gesundheit 2025
Veranstaltungen mit Prof. Dr. Jens Scholz: