Dirk Bednarek
Niederlassungsleiter, Relyens - Niederlassung Deutschland, Dortmund
Versicherungsbetriebswirt (DVA) mit mehr als 25 Jahren Erfahrung in der Versicherungswirtschaft. Seit 2021 Excecutive Director und Niederlassungsleiter der Relyens Niederlassung Deutschland. Relyens ist ein auf die Absicherung von Gesundheitseinrichtungen spezialisierter Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit mit Hauptsitz in Lyon und führender Anbieter von Versicherungslösungen und Risikomanagementstrategien für Krankenhäuser in Europa.
Drei Fragen an Dirk Bednarek
Die deutschen Krankenhäuser wandeln sich zu digitalen Patientenplattformen. Was sind die Chancen für das deutsche Gesundheitswesen?
Mir gefällt der Gedanke, wenn wir über Krankenhäuser als Patientenplattformen sprechen, dass wir wirklich den Patienten in den Mittelpunkt unserer Überlegungen stellen. Das sollte die Triebfeder der Veränderung sein. Die damit einhergehenden Chancen sind facettenreich, aber die Wichtigsten sind aus meiner Sicht:
- Verbesserte Patientenerfahrung
- Bessere Patientenversorgung
- Effizientere Verwendung der vorhandenen Mittel
- Bessere Forschungsmöglichkeiten
Es ist nicht einfach nur alter Wein in neuen Schläuchen: Insgesamt bietet eine Umwandlung der Krankenhäuser zu digitalen Patientenplattformen viele Chancen für das deutsche Gesundheitswesen. Durch die bessere Verwaltung medizinischer Daten und die verbesserte Kommunikation zwischen Ärzten und Patienten kann die Qualität der Patientenversorgung signifikant gesteigert werden, was zu deutlich besseren Ergebnissen für Patienten und Kosteneinsparungen für das Gesundheitswesen führen kann. Stellen Sie sich vor, wir hätten wirklich strukturierte Behandlungsabläufe auf digitalem Workflow. Das würde doch nicht nur den Patienten, sondern auch den im Gesundheitswesen tätigen Menschen gut gefallen und die Attraktivität der Arbeitsplätze verbessern.
Wo es Chancen gibt, sind die Risiken nicht weit. Was sind die entscheidenden Herausforderungen und wie können wir sie in den Griff bekommen?
Wenn wir den Wandel als Transformationsprozess verstehen, ist es vor allem erforderlich, ein gemeinsames Zielbild zu definieren und Transparenz darüber herzustellen. Simon Sinek beschreibt dies in seinem Buch „Frag immer erst warum“ sehr treffend. Wir müssen erläutern, warum wir eine bestimmte Veränderung vorantreiben und natürlich müssen wir auch die beteiligten Menschen in diesem Veränderungsprozess begleiten. Das sind aber letztlich die gleichen Herausforderungen, denen sich jedes Unternehmen gegenübergestellt sieht, dessen Branche sich verändert. Denken Sie beispielhaft nur an die Automobilindustrie.
Anschließend können wir uns um die immer viel diskutierten Herausforderungen kümmern, wie z.B. Datenschutz und Datensicherheit sowie die technologischen Herausforderungen, die nötigen Ressourcen und Fähigkeiten zu haben, um die neuen Technologien effektiv implementieren zu können. Vertrauen und Akzeptanz der Patienten erreichen wir durch die oben beschriebene Zielbilddefinition und Transparenz dann noch am ehesten.
Gibt es Länder, die weiter sind? Was machen sie besser?
Glücklicherweise gibt es einige Länder, die weiter sind als Deutschland. Der daraus resultierende Vorteil für uns ist, dass wir von den Erfahrungen dieser Länder lernen und Best Practices übernehmen können, um die Einführung von digitalen Patientenplattformen im eigenen Land zu beschleunigen. So muss man nicht jeden Fehler erst selbst machen. Als Beispiele seien hier das estnische E-Gesundheitssystem genannt, das schwedische landesweite elektronische Gesundheitsdossier oder auch das israelische elektronische Gesundheitsdossier, das es den Patienten ermöglicht, ihre medizinischen Daten online zu verwalten und mit ihren Ärzten zu teilen. Diese Länder sind weiter fortgeschritten als Deutschland in Bezug auf die Einführung digitaler Patientenplattformen, weil sie frühzeitig in die Infrastruktur und Technologie investiert haben, die benötigt werden, um solche Plattformen zu implementieren. Sie haben auch starke Datenschutzrichtlinien, um sicherzustellen, dass die Patientendaten sicher sind. Das schafft Akzeptanz bei den Patienten. Ein weiterer Faktor, der dazu beigetragen hat, dass diese Länder weiter fortgeschritten sind, ist die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Akteuren im Gesundheitswesen, wie Krankenhäusern, niedergelassenen Ärzten und Patienten. Diese Länder haben zudem auch frühzeitig in die Ausbildung und Schulung von Fachkräften investiert. So wurde sichergestellt, dass sie über die notwendigen Fähigkeiten und Kenntnisse verfügen, um digitale Gesundheitstechnologien effektiv zu implementieren und zu verwalten. Was digital möglich ist, wenn wir alle Fesseln lösen, sehen wir ja auch in China. Die dort vorhandenen Lösungen entsprechen sicher nicht unseren Möglichkeiten und unserem Verständnis vom Umgang mit persönlichen Daten, aber führen uns doch wieder zur Ausgangsfrage: Was wollen wir erreichen und warum?